Rund um das «Dies Irae» der Russin Galina Ustwolskaja hat Patricia Kopatchinskaja mit der CAMERATA BERN und BernVocal ein szenisches Konzertprogramm zusammengestellt.
«Kunst ist immer ein Kind ihrer Zeit. Bach und Bruckner schrieben aus Gottgewissheit. Haydn schuf eine heile Gegenwelt zum irdischen Jammertal. Und Beethoven komponierte in der Hoffnung auf eine neue Zeit der Weltverbrüderung. Aber was ist mit uns?
Wir stehen vor nie gekannten Bedrohungen wie Artensterben und Klimaerhitzung. Viele − und viele Mächtige − wollen das nicht wahrhaben. Aber unsere Wissenschaftler sagen Dürren, Massenmigrationen, Kriege und die Selbstverbrennung der Biosphäre voraus. Die Gegenmassnahmen sind ungenügend.
Musiker können das Problem nicht lösen, aber sie können oder müssen ihre Betroffenheit ausdrücken, z.B. mit dem ‹Dies Irae›, das die Russin Galina Ustwolskaja einst für acht Kontrabässe, Klavier und einen mit Hämmern zu schlagenden Holzwürfel schrieb – ein wortloser Protest. Oder mit Bibers ‹Battalia à 10›, oder den ‹Black Angels›, jenen ‹Schwarzen Engeln›, mit denen George Crumb auf den Vietnamkieg reagierte. Oder sie können auch, wie Patricia Kopatchinskaja, ein Stück schreiben: ‹Asphyxia›, ‹Ersticken›…»
Patricia Kopatchinskaja, März 2020
Giacinto Scelsi (1905–1988): «Okanagon» (1968)
Heinrich Ignaz Franz Biber (1644–1704): «Battalia à 10» für Streicher und Cembalo (1673)
George Crumb (*1929): Ausschnitte aus «Black Angels: Thirteen images from the dark land» (1970)
Patricia Kopatchinskaja (*1977): «Asphyxia» für Violine, Streicher und Klavier (2020, UA)
Antonio Lotti (ca. 1667– 1740): «Crucifixus» à 10 (1717–19)
Die sieben Posaunen
John Dowland (1563–1626): «Lachrimae antiquae novae» (1604)
Galina Iwanowna Ustwolskaja (1919–2006): «Dies Irae» Komposition Nr. 2 für acht Kontrabässe, Holzwürfel und Klavier (1972/73)
Gregorianischer Choral: «Dies Irae»
CAMERATA BERN
Patricia Kopatchinskaja, Konzept / Leitung / Violine
BernVocal
Fritz Krämer, Leitung
Anton Romaniuk, Klavier / Cembalo
Käthi Steuri, Marya Krykov, N.N., Kontrabass
N.N., Posaunen
Lea Hinden, Regieassistenz
Markus Güdel, Lichtdesign