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In ihrer neuesten Inszenierung begibt sich die Choreografin Nicole Seiler auf die Suche nach populären Toneindrücken und der Frage, wie man diese Lieder in der Vorstellungskraft des Publikums erklingen lassen kann, ohne dabei notgedrungen auf ein hörbares «Playback» zurück zu greifen. Gewohnt, dass der Ton auf der Theaterbühne meistens direkt mit dem Gesehenen im Zusammenhang steht, wird in «Playback» seziert und voneinander getrennt, was anscheinend zusammen gehören mag: Der Ton und das Bild. Diese kinematographische, avantgardistische und analytische Vorgehensweise wird vor den Augen des Publikums erprobt. Was geschieht, wenn der Titel eines bekannten Pop Songs genannt wird, ohne die Musik zu hören? Summen wir etwa das Lied? Singen wir es im Kopf oder hören wir es erklingen? «Playback» ist ein Stück, das sich dieser Stille und dieser Fragen stellt. Bekannte populäre Songs werden auf die Bühne gestellt, unaufhaltbar, einer nach dem anderen. Doch anstatt die Musik den Ohren frei zu geben, werden diese Titel auf eine Leinwand projiziert. Was den Zuschauern verwehrt wird, dringt bloss in die Ohren der Performer, die eine Interaktion aufbauen zu den Titeln auf der Leinwand, zur Musik in ihren Ohren und letztlich zu den ZuschauerInnen. In diesem Zusehen ohne Musik steckt etwas Verlockendes. Andere Töne werden hörbar und die Imagination begibt sich auf ungewohnte und äusserst individuelle Wege. Sie oszilliert zwischen Dargebotenem und subjektiven Vorstellungen, zwischen dargestellten Gesten und mentalen Juke-Boxen. Denn in dieser freien Wahl des Sehens und Hörens sieht und hört jeder Zuschauer auf seine Art und Weise. Verschiebungen ermöglichen neue Bedeutungen, auch wenn man mal ein Lied verpasst. Das Verfahren der synchronisierten Wiedergabe verläuft in «Playback» auf einer anderen Ebene. Gekonnt setzt Nicole Seiler Video und eine Infrarotkamera ein. Gemeinsam schaffen sie eine sich multiplizierende Textur, die verbirgt und verdeckt, öffnet und weitet.

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