Deep love running through it
Kae Tempests breites künstlerisches Wirken in den Bereichen Lyrik, Essay, Spoken Word, Rap und Komposition vereint stets eine Dringlichkeit, die sich kaum in Worte fassen lässt, und gleichzeitig wiedergeben Kaes Worte die Komplexität der Welt auf unglaublich präzise und gleichsam poetische Art und Weise.
Kae Tempests Fähigkeit über kleine Geschichten und Momentaufnahmen des Lebens pointiert auf die problematischen Verstrickungen unserer Realität hinzuweisen ist einzigartig. Gleichzeitig fliesst darin stets auch das Sinnstiftende mit – das Ja zum Leben, die Schönheit des Seins, die Liebe zu Menschen.
The Line is a Curve (2022) ist Kae Tempests viertes Album. Es geht um das Loslassen, sich inmitten von Scham, Angstzuständen, Druck und Isolation den Gefühlen hinzugeben, anstatt vor ihnen davon zu laufen. Je mehr Druck auf einer Person lastet, umso grösser das Potenzial zur Befreiung. «Embracing the cyclical nature of time, growth, love. This letting go can hopefully be felt across the record. In the musicality, the instrumentation, the lyricism, the delivery, the cover art. In the way it ends where it begins and begins where it ends», schreibt Kae Tempest über The Line is a Curve.
Kae Tempest kommt aus Lewisham in South London und schreibt Lyrik, Essays, Songs. Die ersten drei Soloalben Everybody Down (2014), Let Them Eat Chaos (2017) und The Book of Traps and Lessons (2019) stiessen allesamt auf breite Resonanz und erhielten mehrere Preise und Nominierungen. Neben dem Musikschaffen veröffentlichte Kae Tempest zudem den Bestseller-Roman «The Bricks That Built the Houses» (2017) sowie die Essaypublikation «On Connection» (2020).
Joy and disorder of sensory overload
Das Trio Phelimuncasi stammt aus Durban, Südafrika, der Brutstätte des seit ein paar Jahren international Aufsehen erregenden neuen Musikstils Gqom. Dieses Subgenre des südafrikanischen Kwaito zeichnet sich durch einen minimalen, rauen und repetitiven Sound aus und verzichtet im Gegensatz zu einem Grosssteil der elektronischen Tanzmusik komplett auf den 4/4-Takt und ist stattdessen punkto Abstraktionsgrad eher mit dem Chicagoer Footwork verbunden. Ist Gqom üblicherweise eine zwar mit Stimm-Samples beladene aber dennoch instrumentale Musik, erschaffen Phelimuncasi eine nicht minder ruppige und widerborstige Song-Version von Gqom, bei der die zumeist in IsiZulu gesungenen Vocals das Soundbild prägen. Ihr 2022er-Album Ama Gogegla erschien beim zur Zeit wohl wichtigsten afrikanischen Label für elektronische Musik, Nyege Nyege Tapes.
Boundaries of the human voice / how to turn it into a machine
Eine Zusammenarbeit wie man sie sich nur erträumen kann: der Belgische Instrumentebauer und Bricoleur Jochem Baleus aka Slumberland hat sich mit der tuvanesischen Sängerin Sainkho Namtchylak zusammengetan um eine zeitlose, stilistisch nicht mehr klar zuordenbare Musik auszudenken. Sainkho, die schon vor Jahrzehnten als die prägende internationale Vorreiterin des Obertongesangs in der aktuellen Musik gehandelt wurde, war lange eingeengt in der Improszene, die sich schon fast per Dekret den unwiderlegbaren Vorzügen des Grooves ideologisch verschliesst. Hier trifft sie nun auf einen Autodidakten, der von Krautrock und elektronischer Musik beeinflusst, eine Art organisch-mechanischen Proto-Techno fabriziert. Das generationenübergreifende Duo kreiert Musik zwischen Song und Track, zwischen Club- und Kunstmusik. Im November erscheint ihr erstes Album.
Vor ihrem Auftritt als DJ am Saint Ghetto Freitag spricht die omnipräsente Schlagzeugerin, Multiinstrumentalistin, Komponistin und Künstlerin, Valentina Magaletti (Tomaga, Vanishing Twin, Moin, UUUU, Holy Tongue, …), mit dem Musikjournalisten Benedikt Sartorius über ihr Schaffen.
Beginn: 18.30 Uhr
Ort: Foyer, Dampfzentrale Bern
Eintritt frei mit Festivalpass oder Tagesticket Freitag
Apocalyptic projections of a post-human future
Marina Herlop löst sich von den klassisch orientierten Merkmalen ihrer Vorgängeralben und zeigt sich auf ihrem hypnotisierenden neuen Album Pripyat, welches diesen Sommer beim stilprägenden Berliner Label PAN (Eartheater, Beatrice Dillon, Pan Daijing) erschien in einer lebendigen, polymorphen Form. Die katalanische Komponistin, Sängerin und Pianistin verbindet ihre prägnante Vokalkunst, die zweifellos an die grosse Kate Bush erinnert, mit von der karnatischen Musik Südindiens inspirierten elektronischen Popkunstwerken, durchzogen von zuweilen hypermodernen Anleihen. So entstand ein vielschichtiges und faszinierendes Werk, das von der menschlichen Stimme geprägt zugleich in die Vergangenheit und in die Zukunft weist. Die fast ausschliesslich mit Elektronik und Stimme konstruierten Popsongs von Pripyat werden in Bern von einer fünfköpfigen Band vorgetragen. Ihre Solotournee zusammen mit Animal Collective unterbricht sie für die exklusive Saint Ghetto-Show im Quintett.
Bridging heart and sound
Angel Bat Dawid ist Komponistin, Klarinettistin, Pianistin, Sängerin, Aktivistin, Pädagogin, DJ und wohl eine der charismatischsten Präsenzen innerhalb der Chicagoer wie auch der internationalen, zeitgenössischen Avantgarde- und Jazzszene. Ihr Debutalbum The Oracle, das 2019 auf International Anthem Recording Co. (u.a. Irreversible Entanglements, Makaya McCraven, Ben LaMar Gay, jaimie branch) erschienen ist (und übrigens komplett mit ihrem Mobiltelefon aufgenommen wurde) erweiterte den Wirkungsradius von Dawids Schaffen enorm und wurde von Pitchfork als «a vibrant, spiritual, free jazz document of black life as it stands today» [ein lebendiges, spirituelles Free-Jazz-Dokument des heutigen Schwarzen Lebens]. Nennenswert ist auch die Arbeit mit ihrem Septet Tha Brothahood, die 2020 in das Album LIVE mündete und (wie 2019 auch The Oracle) mehrere Bestenlisten füllte und anführte. Ferner engagiert sich Dawid in einem Zentrum für Jugendliche, die sich in einem Gerichtsprozess befinden, tätig, wo sie jeweils ihren «Great Black Music»-Kurs unterrichtet.
Virtuosität, musikalische Vielseitigkeit, unmittelbare Präsenz, Schlagfertigkeit, Verspieltheit und Charisma machen Angel Bat Dawids Live-Auftritte stets zu einem einzigartigen, höchst lebendigen Erlebnis.
Am Saint Ghetto Festival wird Angel Bat Dawid mit dem Musiker und Poeten JJJJJerome Ellis auftreten.
Blissful bridges into the unknown
Die Londoner Produzentin schafft es wie wenig andere, mit spürbarer Leichtigkeit Fäden aus diversen Musikstilen wie R&B, IDM, UK Garage, Soul, Footwork, Jazz oder Pop zu einem Geflecht zu spinnen, das sowohl im Club sich bewegend wie auch auf der Couch liegend erlebt werden kann. Die Tracks auf ihrem 2021 auf Hyperdub erschienen Album Reflection vereint die Verweigerung, irgendwelchen Erwartungen an Clubmusik gerecht werden zu wollen. Die Stücke entfalten sich oft auf zick-zackigen Wegen, lassen einen stolpern, Brücken ins Nirgendwo überqueren, auf Melodien herumrutschen – und dies im ständig wechselnden Tempo. Bei all dem experimentellen Anspruch zeichnet James’ Kompositionen stets auch ein immersiver und intimer Sog aus, der die Wahrnehmung schärft und Glücksgefühle auslöst. Im Oktober veröffentlicht James ihr drittes Album Building Something Beautiful For Me auf Phantom Limb, das eine Hommage an den US-Komponisten Julius Eastman bildet. Unter ihrem Alias Whatever The Weather veröffentlichte James diesen Frühling ihr Debutalbum.
Obsessed with hyper-presence and physicality
Ka Baird ist ein*e US-amerikanische Komponist*in, Sounddesigner*in und gelernte Pianist*in und Flötist*in. Ihre performativ starken, zuweilen verstörenden Liveauftritte bestreiten sie mit Elektronik, Flöte und eigenwilligen Stimm- Atem und Mikrofon-Techniken. Baird kreiert damit eine physisch eindringliche, dichte Soundperformance im undefinierbaren Grenzbereich von experimenteller Musik und musikalischer Performing Arts – und dies nicht frei von Humor. Ihre Alben erscheinen beim Label Rvng Intl., welches auch die Arbeit von Holly Herndon, Lucrecia Dalt oder Helado Negro einem internationalen Publikum näher gebracht hat.
Paradoxical characters / Elevator pitches
«Bully Fae is a musical act comprised of stand-up comedy, poetry, dance and music» war in einem Interview zum Erscheinen des Albums Defy A Thing To Be (auf dem Label von Matmos) zu lesen. Korrekt ist, dass die Kunstfigur Bully Fae Collins in erster Linie als Performance-Künstler*in auftritt und nur in zweiter oder dritter Linie als Musik-Act. «Defy A Thing To Be» bezeichnete Bully Fae selbst in der Live-Umsetzung als «dreamlike punk-drag show that tells stories of queer empowerment». Seit wir auf die abstrakten, pointiert minimalistischen und textlich kruden Rap-Songs aufmerksam wurden sind Jahre vergangen, während denen der Plan scheiterte, Collins nach Bern zu bringen. Kürzlich ist Bully Fae von Kalifornien nach Berlin übergesiedelt und damit können wir den jahrealten Plan endlich wahr werden lassen.
The multi of the endless
Valentina Magalettis musikalische Biographie ist lang. Sie war eine Hälfte des Duos Tomaga, spielt Schlagzeug bei der Band Vanishing Twin, führt mit dem Elektronik-Duo Raime das gemeinsame Projekt Moin, hat ein Album mit dem Berner Julian Sartorius veröffentlicht, ist Mitglied der Band UUUU (mit u.a. Musikern von Wire und Coil) und ist gerade mit ihrem neuen Dub-Projekt Holy Tongue auf internationalen Bühnen zu hören. Für Saint Ghetto stellt sie sich hinter die Plattenteller und macht ihrem Ruf als unersättliche Plattensammlerin alle Ehre.
The calm within the loud
Coby Sey prägt als Produzent, Sänger und DJ seit mehreren Jahren die faszinierende und florierende DIY Kreativszene im Süd-Osten Londons, u.a. als Kollaborator von Mica Levi, Tirzah, Babyfather, Klein, Kwes sowie als Teil des Künstler*innen-Kollektivs und Labels CURL. Ein neugieriges «Finally!» hörte man durch die Musikszene rauschen, als Sey diesen Sommer sein Debutalbum Conduit ankündigte, das im September auf dem Londoner Label AD 93 erscheint. Live-Instrumente, Sample-basierte Produktionen, experimentelle Elemente und Stimme prägen die Aufnahmen auf Conduit und verschmelzen Motive aus Hip-Hop, Drone, Jazz und Grime zu einem atmosphärischen Gesamtgefüge. Entschleunigung inmitten von Reizüberflutungen eines Grossstadtlebens, laut und leise, poetisch und einfach auch sehr schön.
Auf der Bühne mutieren die traumartigen Kompositionen teilweise zu einer schweren, nicht immer fassbaren Dancefloor Energie, instrumental verstärkt und unterstützt von Alpha Maid, Momoko Gill und Ben Vince.
To affect people’s bodies
Wenige Bands nutzen ihre Stimme und Plattform so eindringlich wie Divide and Dissolve. Die Intensität ihrer Doom-getränkten, drone-igen Soundwelt spiegelt den Kampf der beiden Musikerinnen, Takiaya Reed und Sylvie Nelhill, sowie den Kampf ihrer indigenen Vorfahren gegen die systematische Unterdrückung von BIPoC. Das gemeinsame Ziel ist auf der About-Seite ihrer Website klar formuliert: «to secure Black futures, liberation, and freedom; demand Indigenous Sovereignty; uplift people of color’s experiences; and destroy white supremacy» [Sicherung der Zukunft, Befreiung und Frieden von Schwarzen Menschen; Forderung Indigener Souveränität; Verbesserung der Erfahrung von People of Color; und die Zerstörung weisser Vorherrschaft].
Die Zuordnung des Schaffens von Divide and Dissolve zu Sludge, Doom oder Stoner Metal ist dabei mit Vorsicht zu geniessen, denn Reeds und Nelhill identifizieren sich nicht mit den Traditionen dieser Genres. Vielmehr nutzen sie gewisse Elemente dieser Stile – im Besonderen die Heftigkeit und gleichzeitige Tiefe – weil diese eine unmittelbare Wirkung auf den Körper haben. Das 2021 auf Invada Records (Portishead, Beak>, Anika) erschienene und von Ruban Nielson (Unknown Mortal Orchestra) produzierte Album Gas Lit ist dabei wohl der heftigste Klangkörper, den Divide and Dissolve bis anhin veröffentlicht haben.
Myriad forms of love
Kìzis, eine indigene kanadische trans Musikerin, überraschte letztes Jahr mit einem Album, welches alleine schon durch seine Länge jegliche Grenzen sprengt. Tidibàbide enthält 36 Songs und dauert exakt 3 ½ Stunden, als physischer Tonträger erschien es als Triple-CD. Beteiligt daran sind über 50 Musiker*innen – zu erwähnen sind der Popmusiker (und Arcade Fire-Mitstreiter) Owen Pallett, die Cellistin Mabe Fratti, der LGBTQ+ Aktivist, Musiker und Sänger Beverly Glenn-Copeland sowie Nick Durado, Pianist in Copelands Live-Formation. An ihren Konzerten tritt Kìzis mit einer vierköpfigen Band auf, die ihre breitgefächerte Klangwelt zwischen überschwänglichem Synth Pop, ausladenden experimentellen Sessions, autobiografisch geprägtem Storytelling und von den nordamerikanischen Alonquin inspirierten Pow Wow-Liedern umzusetzen hilft. Von üppig orchestriert und treibend über pastoral, spirituell und rauschhaft bis Dancefloor-tauglich ist alle möglich in Kìzis Welt, die eben nicht nur in der Länge sondern auch in der Breite auf faszinierende Weise die Zuhörerschaft zu überfordern und gleichzeitig zu umarmen vermag.
Feel for the fusion
Belia Winnewisser vermag es, ihr Gespür und ihren Enthusiasmus für Popmusik mit Referenzen aus der experimentellen Sounddesign-Nische zu verbinden, ohne dass es sich wie eine beliebige Fusion zweier Pole anfühlt, sondern eher eine eigene Handschrift spürbar wird. Die in Zürich lebende Musikerin beweist auf ihrem zweiten Album SODA, das 2021 auf dem Luzerner Label Präsens Editionen erschienen ist, dass sie niemandem etwas beweisen muss. Die diversen Facetten und Prägungen ihrer aktuellen und ehemaligen Indie- und Pop-Projekte wie Silver Firs oder a=f/m sind auf SODA ebenso spürbar wie Winnewissers Affinität für Sounddesign und Clubmusik, die sie auch als umtriebige DJ auslebt. Hinzu kommt ihre starke und einnehmende Live-Präsenz und somit überrascht es kaum, dass Winnewisser zu den wenigen Schweizer Künstlerinnen gehört, deren Schaffen auch ausserhalb der nationalen Szene wahrgenommen wird.
Stimme, Körper und Objekt spielen die Hauptrolle im Schaffen der isländischen Performerin und Choreographin Inga Huld Hàkonardòttir. Das Stück «Again The Sunset» entstand in Zusammenarbeit mit dem belgischen Künstler und Musiker Yann Leguay, existiert in verschiedenen Versionen, und fand seinen Weg von den Performance-Bühnen hinein in die Noise- und Experimental-Szene. Hàkonardòttir und Leguay traten unter anderem am Lausanne Underground Film & Music Festival und am Sonic Protest in Paris auf und zeigen ihre physisch beeindruckende Musikperformance nun erstmals auch in Bern.
Genuine genre-hopping
Die Produzentin aus Salford City, Manchester, aya, machte mit ihrem höchst immersiv produzierten und intimen Debutalbum im hole, das letztes Jahr auf dem Londoner Label Hyperdub erschienen ist, die internationale Musikszene auf sich aufmerksam. Mit ihrer ebenfalls sehr immersiven, eigenwilligen und faszinierenden Live-Show spielte sie an diversen namhaften Festivals in Europa und auch an der ersten Ausgabe des EXPOP Festivals in der Dampfzentrale. Am Abend ihrer Live-Show in der Dampfzentrale sprang sie später spontan für Bonaventure ein, die ihr DJ Set kurzfristig wegen Krankheit absagen musste. Nun freuen wir uns auf ein offiziell angekündigtes DJ Set von aya am Saint Ghetto 2022!
Exploring the ordinary
Jenny Hval tat auf ihrem anfangs Jahr erschienen sechsten Album Classic Objects etwas eher Untypisches: Die norwegische, interdisziplinäre Künstlerin und Autorin, deren frühere Arbeiten Themen wie Geschlecht, Sex, Körper und Macht kritisch, hochgradig konzeptuell und experimentell verhandelten, erforscht für einmal sich selbst – ihre gewöhnliche, normierte, gar häusliche Seite. Während sich ihre Vorgänger-Alben stets den Standards schimmernder Pop-Balladen widersetzen, in dem Spoken Word, ASMR-Schauer oder Geräusche zu delikaten, düsteren Kompositionen führten, ist Classic Objects um einiges wärmer, gesetzter und folglich tatsächlich klassischer. Jeder Song hat eine Strophe und einen Refrain. Es gibt weniger Momente der Komplexität, dafür eingängige, schöne Melodien und die klare Präsenz eines Bandgefüges. Hvals eigenwillig erzählende Handschrift bleibt dennoch spürbar, genauso wie ihre facettenreiche, unverkennbare Stimme. Classic Objects ist also gewissermassen die Hval-Version eines Pop-Albums.
Als Grund für diesen Fokuswechsel nennt Hval die Isolation während der Pandemie, wo sie die Rolle des Kunstschaffens zu hinterfragen begann und auf sich selbst zurückgeworfen war. Sie merkte, dass sie keine komplizierten Konstruktionen braucht, ihre Beobachtungen des Lebens sind einnehmend genug. In diesem Sinne ist Hvals schillernder Pop-Triumph auf die bestmögliche Weise gewöhnlich. Ferner ist Jenny Hval die erste Künstlerin, die nach ihren Auftritten 2018 und 2021 (mit Lost Girls) bereits zum dritten Mal am Saint Ghetto Festival auftreten wird, diesmal mit fünfköpfiger Band.
Curiously ethereal
Junge Eko ist der neue Name der Zürcher Sängerin und Musikerin Catia Lanfranchi, die selbst unter ihrem bisherigen Pseudonym Eko Nori noch in einem relativ frühen Stadium einer Solokarriere in der experimentellen Popmusik zugange war. Einem breiteren Publikum ist sie jedoch seit ein paar Jahren als Komponistin und Sängerin der herausragenden Band Kush K bekannt, die es wie kaum eine andere in diesem Land schafft, zwischen Radiopräsenz und Underground-Credibility einen Platz gefunden zu haben, der keinerlei Verbiegungen und Kompromisse nötig macht. Kush Ks Debutalbum Lotophagi wurde 2020 vom Branchenverband IndieSuisse zum Album des Jahres gekürt. Lanfranchis Soloschaffen zielt durch die Konzentration auf Stimme, Orgel und Elektronik in eine ätherischere Richtung, räumt aber ihrer experimentellen Seite mehr Platz ein. Im Oktober erscheint ihr erstes Album beim hochkarätigen Label BlauBlau Records.
Up in Flames
«Piano Burning» ist ein Performancestück der neuseeländischen Komponistin Annea Lockwood, bei der ein irreparables Klavier angezündet und so lange gespielt wird, bis es in Flammen aufgeht. Das Stück entstand im Oktober 1968, als in der Nähe des Wohnorts von Lockwood viele Klaviere ausrangiert und entsorgt wurden. Sind die Saiten zu hoch gestimmt, ist es sehr wahrscheinlich, dass diese beim Verbrennen mitschwingen und Geräusche kreieren.
Piano: Judith Wegmann
Das Radio 3FACH wird das Saint Ghetto Festival 2022 live vor Ort übertragen.