Nach dem Roman von George Orwell. Für die Bühne bearbeitet von Alan Lyddiard.1948 entstand «1984», George Orwell hatte die Endziffern vertauscht und seine Erfahrungen mit Totalitarismus in eine fiktive Zukunft projiziert. Dort finden wir vor: einen perfekten Überwachungs- und Präventionsstaat, mittendrin Winston Smith, einfaches Parteimitglied. Seine Gefühle und Absichten werden als systemfeindlich entdeckt, Winston wird von den Machthabern körperlich und seelisch zerstört. «1984» wurde zum Science-Fiction-Klassiker, seine Kritik der «Big-Brother-is-wachting-you-Ideologie» erfuhr eine ungewöhnliche Rezeptionsgeschichte: Big Brother inspirierte die Spray- und Graffiti-Kunst, als Markenzeichen des Protests zierte er T-Shirt-Brüste und Häuserwände. «Bin ich der Einzige, der ein Gedächtnis hat? … immer die Augen, die einen beobachten, von überall her, die Stimme, die einen umgibt. Im Wachen oder im Schlaf, bei der Arbeit oder beim Essen, drinnen oder draußen, im Bad oder im Bett – es gibt kein Entrinnen. Nichts gehört einem, bis auf die paar Kubikzentimeter im eigenen Schädel.» Die Freiburger Inszenierung schreibt Orwells Vision des Schreckens fort in eine Zeit, wo das Szenario vom gläsernen Menschen eine proaktive Wende genommen hat. Der Einzelne existiert dann, wenn er beobachtet wird, Outings in Internet, Facebook, Reality Soaps haben einen gewissen exhibitionistischen Schick erlangt. Überwachung wird zur Selbstüberwachung mit Webcam. Wir lassen uns vom Therapeuten seelisch durchleuchten zur Wiederfindung unserer Identität. In Freiburg irren gleich zwei Winstons durch das schizophrene Dilemma von «Selbst», «Ich» und «Sich». Die Doppelbesetzung macht uns zweifeln an der Authentizität von Wahrnehmung und Gefühlen. Ist Liebe Realität? Ist sie zumindest die Illusion von Glück oder lediglich noch Simulation?«So eine Welt könnt ihr nicht schaffen. Das ist ein Wunschtraum. Es ist unmöglich. » Der aktuelle Blick auf «1984» zeigt, wie visionär der Autor war, als er die Sehnsucht nach Wahrheit in einer Umwelt beschrieb, in der es keine verlässliche Geschichte, keine Objektivität zu geben scheint und in der sich der Einzelne ständig neu positionieren muss. Publikumsgespräch: Do, 13. Mai im Anschluss an die Vorstellung. Spieldauer: 2h