Nathalie Forget: Ondes Martenot
Susanne Huber, Tamriko Kordzaia, Stefka Perifanova, André Thomet, Ludovic Van Hellemont, Kirill Zvegintsov: Klaviere
Referate, Einführungen, Diskussionen, Zeitzeugen mit Barbara Barthelmes, Roman Brotbeck, Pascale Criton, Martine Joste, Charles Armikhanian, Anda Kryeziu, Eleni Ralli, Elnaz Seyedi
Special Guest: Paul Auster
Das klavierduo huber/thomet präsentiert ein zweitägiges Festival mit Gästen aus dem In- und Ausland rund um das musikalische und visuelle Schaffen von Ivan Wyschnegradsky (1893–1979), dem russisch-französischen Pionier der Mikrotöne.
Konzerte, Bildprojektionen, Vorträge und Gespräche mit Zeitzeugen ermöglichen vielfältige Begegnungen mit dem Klang-, Raum- und Farbuniversum des lange Zeit verkannten Künstlers.
Ein ungewöhnliches Instrumentarium – acht Konzertflügel, die im Viertel-, Sechstel- und Zwölfteltonabstand zueinander gestimmt sind, das in Sechzehnteltönen gestimmte Carilloklavier und die Ondes Martenot – bringt ungeahnte Klangwelten zum Klingen. Zeitgenössische Kompositionen und Uraufführungen der jungen Komponistinnengeneration reflektieren seine Wirkung bis in die heutige Zeit.
Ivan Wyschnegradsky – ein materialistischer Mystiker, Klang-Utopist und verkannter Fremder. Vor allem aber ist Wyschnegradsky einer der bedeutendsten russischen Komponisten des 20. Jahrhunderts. Er experimentierte mit verschiedenen Mikrotonsystemen, suchte nach Verbindungen von Farben und Tönen und entwickelte ein System von zwei bis sechs ‹kommunizierenden Klavieren› zur Aufführung seiner Werke.
Seine musikhistorische Bedeutung wird erst gegen Ende des 20. Jahrhunderts erkannt. Während die Nachkriegsavantgarde noch mit Zwölfton-Bauklötzen spielte, entwarf er musikräumliche Konzepte, mit denen er die hörbare und unhörbare Welt strukturell verbinden konnte. Das ist immer noch hochaktuell.
Das Festival zeigt diese Aktualität mit der Aufführung von Wyschnegradskys Hauptwerken, mit Aufträgen an drei junge Komponistinnen aus Griechenland, Kosovo und dem Iran und mit Werken aus Wyschnegradskys Umfeld.
Dazu gibt es Kommentare, Referate und Gespräche mit Menschen, die Wyschnegradsky in Paris noch begegnet sind.
Das Wyschnegradsky-Festival gibt in vier Konzerten einen umfassenden Überblick von dessen reichhaltigem Schaffen: Von den spätromantischen frühen bis zu den faszinierend abstrakten späten Werken. Auch seine neoklassizistischen Experimente werden erklingen. In jedes der vier Konzerte werden Werke anderer Komponistinnen und Komponisten eingefügt, die das Spektrum der Mikrotöne zusätzlich erweitern.
Ali Baba zaubert kulinarische Farben und begleitet die musikalische Nacht mit einem dreigängigen orientalisch-mediterranen Menü. Das Essen mit vegetarischen und fleischhaltigen Köstlichkeiten kann im Vorverkauf gebucht werden wie auch der Brunch zum Sonntagsprogramm.
Urs Bachmann ist seit Jahren ein gefragter Stimmer und Klavierbauer und interessiert sich auch für alle mikrotonalen Tasten-Instrumente. Er erzählt von seinen Erfahrungen und den Schwierigkeiten, welche sich gerade bei einer solchen Veranstaltung mit neun Klavieren ergeben.
Nathalie Forget stellte die Ondes Martenot vor, ein frühes, rein elektronisches Instrument, dessen Farbigkeit sie mit einem ganzen Arsenal von Lautsprechern enorm erhöht hat.
Das letzte Konzert spannt den Bogen vom jungen ekstatischen Wyschnegradsky zum späten pansonoren Klaviersymphoniker. Dazwischen erklingen auf dem Sechzehnteltonklavier die zarten Memoires von Pascale Criton, die Wyschnegradskys gesamte Schriften ediert hat und noch eine viel zerbrechlichere Studie seine kanadischen Freundes Bruce Mather. Die iranisch-deutsche Komponistin Elnaz Seyedi schafft eine vibrierende lichtdurchflutete Monochromie, die unser Zeitempfinden aufhebt.
Ivan Wyschnegradsky: aus Ainsi parlait Zarathoustra: «Le dernier bonheur du solitaire» op. 17 (1929–1930, 1934) für zwei mal zwei Klaviere im Vierteltonabstand
Bruce Mather (*1939) : Étude pour piano en seizième de ton (2000)
Ivan Wyschnegradsky: Prélude et fugue op. 30. (1945) für drei Klaviere im Sechsteltonabstand
Elnaz Seyedi (*1982): nur die schwer kriechende Welle der Zeit für zwei Klavier im Vierteltonabstand (2022), UA
Pascale Criton (*1954): Mémoires pour piano en seizièmes de ton (1982)
Ivan Wyschnegradsky: Quatrième Fragment symphonique op. 38c (1956) für Ondes Martenot und zwei mal zwei Klaviere im Vierteltonabstand
Gespräch mit Anda Kryeziu und Eleni Ralli mit Einspielungen von Elnaz Seyedi
Die drei Komponistinnen, die für das Wyschnegradsky-Festival Werke komponiert haben, beschäftigten sich alle intensiv mit Mikrointervallen. Es sind farbenreiche Werke entstanden, die in unterschiedlicher Weise auf Wyschnegradskys Traum eines Klangkontinuums antworten: Im Gespräch mit Roman Brotbeck werden die unterschiedlichen Herangehensweisen erläutert und diskutiert.
Dank an:
Projektförderer: Dampfzentrale Bern, Impuls Neue Musik, Pro Helvetia, Kultur Stadt Bern, Swisslos Culture Canton de Berne, Burgergemeinde Bern, Ernst Göhner Stiftung, Migros Kulturprozent, SIS, GVB Kulturstiftung,
Kooperationspartner: Dampfzentrale Bern, Paul Sacher Stiftung, Association Wyschnegradsky Paris,
Urs Bachmann, Gebr. Bachmann Tasteninstrumente AG
Medienpartnerschaft: Der Bund
Das 1/16-Ton-Klavier wird freundlicherweise von der Hochschule der Künste Bern zur Verfügung gestellt.
Ruth Gilgen: Presse, Organisation
Marie Louise Suter: Grafik
Roman Brotbeck: Texte
Foto huber/thomet: Ute Schendel
Foto von Wyschnegradskys Ton- und Farbsystem © Paul Sacher Stiftung Basel