20:00 Jenny Hval
21:30 .John Bence
22:15 .DAF
im Anschluss im Foyer: Haya33 (DJ Set)
DAF haben Geschichte geschrieben. Der Titel ihres Songs «Verschwende Deine Jugend» wurde zum Buch- und Filmtitel und geflügelten Wort. «Der Mussolini» ist immer noch der einzige Tanzbodenfeger, in dessen Refrain zwei Despoten und ein Heiliger besungen werden, und «Der Räuber und der Prinz» war der wohl erste homoerotisch aufgeladene deutsche Popsong. Neben Kraftwerk waren DAF der zweite deutsche Beitrag an die Entstehung von Techno, sie nahmen aber auch die dem Industrial nahestehende, düstere Electro Pop-Genreschublade EBM (Electronic Body Music) vorweg, die durch Künstler*innen wie Helena Hauff gerade einen zweiten Frühling erlebt. Wo bei Kraftwerk das Verschwinden der Gitarre aus der Musik zu entmenschlichter Kälte oder zumindest zu distanzierter Cybererotik führte und die Industrialisierung thematisierte, trat bei DAF durch die Reduktion auf Beat und Gesang der Sex in die erste Reihe. Live war DAF in ihren frühen Jahren ein abenteuerliches Unterfangen: Robert Görl sass am Schlagzeug, Gabi Delgado stand mit dem Mikrofon an der Bühnenfront und die Elektronik wurde ab Kassette eingespielt. Dafür standen jeweils gleich viele Kassettendecks auf der Bühne wie Stücke gespielt werden sollten, damit sich ein Spulen oder Umdrehen erübrigte und die Reihenfolge spontan festgelegt werden konnte.
Auch hinsichtlich des Images waren DAF prägend: Ihr Auftreten zwischen Militarismus und Ledermachismo stiftete Verwirrung in der etwas unschuldigen Popszene der frühen 1980er-Jahre. Nachwehen von DAF hört man gegenwärtig zum Beispiel in dem auf Gesang, Beats sowie Bass- und Synthesizer-Läufe reduzierten Punk der Sleaford Mods.
Die Norwegerin Jenny Hval spielt doppelbödige Popmusik. Das verbindet sie mit der US-amerikanischen Musikerin St. Vincent, mit der sie eine gemeinsame Tour bestritt. Jenny Hval begann ihre Laufbahn als Sängerin einer Gothic-Band, veröffentlichte zwei Romane und machte sich vor einem dutzend Jahren musikalisch selbständig. Zuerst als Rockettothesky und seit fünf Alben als Jenny Hval vermengt sie experimentelle Popsounds, Folk, avantgardistisches Songwriting, Noise und Elektronik. Die letzten Werke – erschienen bei Sacred Bones Records, die sich auch für die musikalischen Ergüsse von Zola Jesus, David Lynch oder John Carpenter verantwortlich zeigen – festigten ihren Ruf als Skandinaviens neue Avantgarde Pop-Queen. Ihre letzte Platte «Blood Bitch» handle von Vampiren, Menstruation und Kapitalismus, sagt sie.
John Bence aus Bristol hat seinen Background in der klassisch komponierten Musik. Die soeben erschienene Platte auf Yves Tumors Grooming-Label ist schon wieder vergriffen, und das ist vielleicht gut so, denn «Kill» sollte man nicht als Tonaufnahmen hören, sondern live erleben. «Sepulchral, majestic. He shapeshifts from something like prime, latter day Coil in a section of reverberant cello and ghostly keening, to erupt in Prurient like howls and psychotomimetic scat like a possessed, Welsh mining choir. (…) Pure entropy, vocals layered and decaying into extremes of the soundfield» (Boomkat). Verkürzt könnte man auch sagen: Not to be missed!