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21:00 Evangelista / Carla Bozulich

22:15 Dave Phillips

22:45 Esben And The Witch

00:00 Natalie Beridze

 

 

ESBEN AND THE WITCH

Gothic Post Rock / Witch House Pop

 

Es geistert etwas in der Musikwelt rum seit dem letzten Jahr. Die mystischen Bezeichnungen heissen Hypnagogic Pop, Hauntology, Ghost Drone oder etwa Witch House, und lassen den Bezug zu düsteren Themen schon mal erahnen. In kleinen Nischen, vornehmlich in den USA und England, entstehen Bands, die auf äusserst kreative Weise Recy­cling betreiben, vieles Aufgreifen was vor 25 oder 30 Jahren populär war, und dieses in einem neuen, romantisch-verklärten, abstrakten, und meist durch viel Effekte, Kunstlicht und Nebel verfremdeten Kleid aufbereiten. Esben And The Witch aus Brighton sind in dieser Sub-Underground-Szenerie nur eine Randerscheinung, einerseits weil sie mit einem Deal bei «Matador Records» gar nicht mal so Underground sind, andererseits weil ihre Musik weniger krude und verschroben ist als die der Kernszene, sondern – wie etwa auch die Amerikanerin Zola Jesus – eher den New Wave und Gothic der 80er-Jahre in ein aktuelles Licht rückt. Parallelen gibt es natürlich auch zum ätherisch-düsteren Sound des «4AD»-Labels zu dieser Zeit (Cocteau Twins, This Mortal Coil, Dead Can Dance) wie auch zu den grossartigen, elektronischer gelagerten Fever Ray. Das Trio um Sängerin Rachel Davis schafft es jedenfalls, ein in die Jahre gekommenes Genre in einem neuen, staubfreien Kleid zu präsentieren.

 

 

EVANGELISTA / CARLA BOZULICH

Post Folk Songscape

 

Sängerinnen die Carla B. heissen verdienen sich ihren Unterhalt meist mit säuselndem Pop, und wenn die Verkäufe einbrechen, heiraten sie einen Staatspräsidenten. Die gebürtige New Yorkerin Carla Bozulich macht sich’s weniger leicht; nach ihren ersten beiden Alben, darunter eines mit ausschliesslich Willie Nelson-Coverversionen, hätte sie die Kurve in die höhere Alternative Rock und Country-Liga noch kriegen können, entschloss sich dann aber, mit Musi­kern von Godspeed You! Black Emperor und Silver Mt Zion das Album «Evangelista» einzuspielen und damit ihre weniger hart gesotte­nen Anhänger zu verstören. Diese sakrale, geräuschintensive Musik irgendwo zwischen Rock, Folk und Improvisation erinnerte mehr an den Mitschnitt einer dunklen Messe als an eine Rockplatte. Der Titel Evangelista wurde sodann zum Bandnamen erkoren, gerade hat das vierte Album der Formation den Schatten der Welt erblickt, und weiterhin würde sich kein Politiker der Welt mit der Schöpferin solcher musikalischer Abgründe das Bett teilen wollen. Die Formation ist mittlerweile gestrafft worden (einziger fixer Bestandteil der Band ist Bassistin Tara Barnes), der Sound feiner, etwas gesetzter. Wer aber wieder einmal in Erinnerung gerufen haben möchte, dass Intensität nichts mit Lautstärke, Opulenz oder Tempo zu tun hat, dem sei Evangelista sehr an’s Herz gelegt. Und wer eine der charismatischsten Sängerinnen des momentanten alternativen Rockzirkus’ nicht verpassen möchte, sowieso.s

 

 

NATALIE BERIDZE / TBA

Experimental Electro Pop

 

Natalie Beridze, Elektronik-Musikerin und Sängerin aus Tiflis, Georgien, ist eine Ausnahmeerscheinung der elektronischen Popmusik zur Zeit. Ihre Songs stehen zwar oft mit einem halben Fuss im Dance­floor (ihre ersten Alben erschienen auf dem Label des Berliner Techno-Produzenten Thomas Brinkmann), sind aber allesamt von einer homogenen düster-melancho­lischen und sphärischen Stimmung durchzogen. Man fühlt sich ertappt dabei zu überlegen ob man sich Popmusik aus einer Ecke der Welt, die weder politisch noch klimatisch Verlässlichkeit zu bieten hat, nicht einfach auch ein bisschen so vorgestellt hat. Unter dem Pseudonym TBA gab sie 2003 ihr Debut heraus und gastierte (unter dem Namen Tusia Beridze) beim herausragen­den georgischen Elektronik-Projekt Post Industrial Boys (ebenfalls auf Brinkmann’s «Max Ernst Records»). Auch ist sie Teil von Goslab, einer Gruppe von Multimediakünstlern. Für ihr neues, zirca siebtes Album, «Forget’fulness» hat sie zu Gudrun Guts «Monika Records» übergesiedelt und mit Ryuichi Sakamoto einen musikalisch verwandten Kollaborator aufgetan. Ambiente Skizzen wechseln sich ab mit abstrakt-elektro­nischen Tracks und den gewohnt trist-traurigen Popsongs, die von Beridzes zart zu nennender Stimme getragen werden.

 

 

DAVE PHILLIPS

Animalism / Bruitism / Field Recordings

 

Ein Zürcher britisch-französischer Abstammung gehört seit langem zu den umtriebigsten Exponenten der musikalischen Extreme des Landes. In den 80ern als Bassist der kurzlebigen, aber weltweit verkulteten Hardcore-Band Fear Of God aktiv, danach alleine oder mit der Schimpfluch-Gruppe in einem weiten Gebiet zwischen Sound Art, Aktionismus, Geräuschmusik, Agitation, brachialem Lärm, Performance Art, Dada und Anti-Kunst. Von seinen Reisen in Asien hat Phillips auch immer wieder eigens aufgenommene Tondokumente mitgebracht, vornehmlich ein Arsenal an Geräuschen aus der jeweiligen Fauna mit denen er im heimi­schen Studio arbeitet. Dabei geht es nie um plakative Exotik oder reine akustische Spielereien mit Feldaufnahmen, sondern um eine dokumentarisch geprägte Klangin­szenierung, die in der Live-Umsetzung eine überraschende Drastik und Brisanz zu erreichen vermag. Seine Spezialität sind konzertante Umsetzungen für die er ausschliesslich auf sein umfangreiches Archiv von Geräuschen tropischer Insekten zurückgreift. Ein intensives und sinneserweiterndes Erlebnis!

 

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