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Am 23. Oktober um 16:30 erhielten wir, wie alle Theater im Kanton Bern, die Nachricht, dass wir ab Mitternacht geschlossen würden. Das hiess: keine Vorstellungen irgendeines Genres bis zum 24. November. Die Dampfzentrale Bern hatte die Eröffnung der 12. Ausgabe von Tanz in Bern, dem grössten Anlass des Hauses, akribisch vorbereitet. Wir haben Schutzkonzepte erstellt, wir haben sie aufgrund neuer behördlicher Vorlagen verwerfen müssen. Wir haben neue Schutzkonzepte erstellt, sie überprüft und angepasst. Das am Freitag ausgesprochene Veranstaltungsverbot fühlte sich wie eine Abstrafung für die Tanz- und Konzerthäuser an. Es gab bisher noch keine Schlagzeile, die lautete «Ansteckungsevent bei Theatervorstellungen». Tanz- und Konzerthäuser wurden seit Anfang der Pandemie gemassregelt und haben alles daran gesetzt, höchst mögliche Sicherheit zu gewährleisten. Und das hat bislang ohne Zwischenfälle funktioniert.

Zwar verhindert die Pandemie, dass die Scheinwerfer ihr Licht auf die Bühne werfen. Doch sie ermöglicht es, uns etwas anderes vor Augen zu führen: Die Festivalbetreiber*innen buhlen um jede Premiere, jede ihrer Festivalausgaben muss noch besser sein als die vorherige, es sollen jährlich höhere Zuschauer*innenzahlen geliefert werden, die schliesslich als Qualitätsmassstab dienen. Das irre resp. neoliberale Hamsterrad der Produktivität dreht sich immer schneller und wir treiben es an. Diese Einsicht hat uns zum Entschluss bewogen: The show must not go on!

Die Begegnung mit Kunst hat das Potenzial, Menschen zu verändern, ein Tanzabend kann einen kritischen, oft unbequemen Blick auf die Gesellschaft werfen. Kunst trägt zur Veränderung zum Besseren bei. Letzten Endes bewegt Kunst und sie tut gut. Damit dieses Versprechen eingelöst werden kann, brauchen Kunstschaffende, also Künstler*innen und all diejenigen, die hinter den Bühnen arbeiten, gute Arbeitsbedingungen, Wertschätzung und Zuwendung.

Deswegen geht bei uns die Show jetzt nicht mehr einfach weiter. Wir werden als Alternative zum geplanten «Tanz in Bern» keine Tanzabende streamen und wir werden nicht ein den neusten behördlichen Massnahmen entsprechendes Festival aus dem Boden stampfen und in den digitalen Raum verschieben. Nein, wir ziehen jetzt den Vorhang zu. Dahinter wird sich die Dampfzentrale auf sich selbst besinnen. Das Team, das seit Beginn der Pandemie hoffnungsfroh und unermüdlich daran gearbeitet hat, den Kulturauftrag zu erfüllen, ist erschöpft. Die Künstler*innen, die zur erweiterten Familie der Dampfzentrale gehören, verunsichert. Das Publikum darf nicht zu uns kommen. Solange wir Menschen aus den sogenannten Risikogruppen ausschliessen und den Zugang zu Theater, Tanz und den Performing Arts beschränken müssen, können wir unseren gesellschaftlichen Auftrag nicht wahrnehmen. Wir haben ein Jahr an «Dear Darkness» gearbeitet. Mit der Dunkelheit – das hätte unser Festival zeigen wollen – geht auch Schönes einher. Stille, Konzentration, Erholung. Diese Seiten der über uns eingebrochenen Dunkelheit wird das Festival-Team während der Zwangspause pflegen, um in dieser Zeit den Blick in eine unsichere Zukunft zu werfen, die wir trotzdem planen und gestalten wollen. Und um Wege zu finden, die Kunst wieder erstrahlen zu lassen und ihnen / euch weiterhin funkelnde Kunst zu bieten.

Wir hoffen, dass es ihnen / euch, liebes Publikum, gesundheitlich gut geht, dass wir alle durch diese Krise möglichst unbeschadet kommen werden. Ihre / eure Sehnsucht nach Kunst, nach Zusammenkünften, nach Inspiration trägt uns durch diesen zweiten Lockdown, bis wir die Scheinwerfer wieder anmachen, der Vorhang aufgeht und wir wieder alle zusammenkommen können.

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